Die Schmerzen kamen wieder


Nach den Operationen, die letzte war im Dezember 2004, schien es aufwärts zu gehen. Sehr zaghaft, aber doch. Ich konnte eine halbe Stunde pro Tag spazieren gehen, der Rest wie immer, liegend. Aber immerhin, ich kam wieder an die frische Luft.

Im Sommer 2005, U2 waren gerade in Wien (zufällig morgen auch), hatte ich eine grandiose Idee, die sich aber als ziemlich fatal erweisen sollte. Es muss doch möglich sein meine Genesung durch gezielte Physiotherapie zu beschleunigen, dachte ich mir. Also ging ins AKH, ließ mir Termine geben und war dann genau zweimal zugegen. Ausgerechnet in jenem Spital, das bei mir die alles entscheidende Operation durchführte, wies mir eine unqualifizierte Physiotherapeutin zu. Speziell eine Übung machte meinen Fortschritt wieder zunichte. Am Bauch liegend, linken Arm und rechtes Bein heben, wechseln. Das war´s. Die Schmerzen kehrten wieder. Intensiver und hartnäckiger als zuvor. Ich konnte es kaum glauben, zumal ich eine Steigerung nicht für möglich hielt. Zum ersten Mal seit dem Ausbruch meiner Krankheit dachte ich über Selbstmord nach. Die Schmerzen und dieser unnötige Rückschlag zermürbten mich. Die Gedanken aus dem Leben zu scheiden um endlich Ruhe zu haben waren dann aber zum Glück doch nicht so groß. Ich unternahm nicht einmal einen Versuch. Vielleicht hielt mich ein witziger Gedanke auch davon ab. Ich stellte mir vor, wie es war wenn ich mich aus dem Fenster im 3. Stock stürzte. Die Schweinerei, die dann mit meinem (hoffentlich) leblosen Körper lag. All das Blut, verdrehte Gliedmaßen, ein vielleicht zermatschtes Gesicht. Nein. Diesen Anblick wollte ich niemanden zumuten. Außerdem war das das letzte was die Welt von mir sehen sollte. Nein danke!

Also kämpfte ich, wenn auch schon sehr geschwächt, weiter. Ließ alle möglichen Menschen zu mir kommen. Nahm jede erdenkliche Hilfe an. Von Traumreisen, über Feng Shui bis hin zu einfachen Gesprächen mit Freunden, die nach diesen Gesprächen erst Mal eine Stunde spazieren gehen mussten bevor sie zu Frau und Kind nach Hause gehen konnten. Erst mal den Kopf frei bekommen, nachdem sie bei mir waren, wie ein Freund mir danach erzählte.

Im November landete ich auf einer Neurologie. Es sollte ein viermonatiger Aufenthalt werden. Mir wurde eine Schmerzpumpe eingesetzt. Probehalber. Mir wurden Elektroden eingesetzt. Auch probehalber. Beides wieder entfernt. Dann wurden wieder Elektroden eingesetzt, diesmal richtig. Immer bei vollem Bewusstsein. Ohne Narkose. Man muss spüren können, wenn der Operateur mit den Elektroden den falschen Weg einschlägt. Aber die Elektroden halfen. Wenn auch sehr zaghaft, aber sie halfen. Ich konnte statt 15 Minuten Sitzen manchmal eine halbe Stunde sitzen, bevor ich mich wieder hinlegen musste, weil ich glaubte ein Messer bohrt sich in mein Steißbein.

Nach 4 Monaten konnte ich dieses Spital in einem Rettungswagen liegend wieder verlassen. In meinem Rücken, epitural und subkutan, die Elektroden. In der linken Arschbacke die dazugehörige Batterie, in der Hand die Fernbedienung. Wie schon seit dem Sommer 2003, jetzt war es Frühling 2006 lag ich in meinem Bett, das Notebook neben mir, der Plasma TV vor mir. Das alles lenkte mich ein wenig ab. Hin und wieder kam Besuch, sonst war ich alleine. Aber wieder ein Hoffnungsschimmer! Ich sollte eine bemerkenswerte Frau im Internet kennen lernen!